Tom Schilling and The Jazz Kids im Stadtgarten Köln

Liebe Leser,

Dieser Beitrag liegt schon etwas länger in der Schublade, aber ich wollte ihn euch nicht ohne die wundervollen Fotos zeigen, die eine wunderbare Foto-Freundin, Angela, gemacht hat. Das hat aber wegen technischer Dinge ein bisschen gedauert. Den Beitrag habe ich trotzdem so gelassen, wie ich ihn geschrieben habe.

Die Sonne lacht vom Himmel und bestätigt, dass es sich beim Mai wirklich um den Wonnemonat handelt, als wir uns auf den Weg in den Kölner Stadtgarten machen. Nicht zuletzt, weil heute Abend ein besonders spannendes Konzert auf dem Programm steht. Der deutsche Schauspieler Tom Schilling, unter anderem Bekannt aus den ARD Produktionen „Unsere Mütter, unsere Väter“ und „Der gleiche Himmel“, gastiert hier mit seinen Jazz Kids und wird für einen abwechslungsreichen Abend sorgen.

Vom hellen, warmen Sonnenlicht ging es hinein in einen kleinen, in dunklem Rot beleuchteten Konzertsaal. Er fasst etwa 400 Personen und wirkt durch eine kleine, aber gut sortierte Bar und diverse Stehtische direkt entspannt. Auf der Bühne stand schon alles Bereit. Zwei Schlagzeuge (von denen eines ganz offensichtlich der Vorband gehörte), Bässe, Gitarren und Keys. Perfekt! So würde der Umbau vermutlich nicht lange dauern. Gegen 20:30 betrat ein kleiner Mann in Hemd und Weste die Bühne, was zu lautem Applaus und dem abrupten Ende unseres Gespräches führte. Ah, Tom Schilling. Der Schauspieler ließ es sich nicht nehmen, die nun folgenden Musiker selbst anzukünden und eine kleine Anekdote über ihr Kennenlernen zu erzählen. Und so betraten ungewöhnlich pünktlich die Jungs von Take a Trip die Bühne.

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Vielen Dank an Angela, dass sie mir einige der Konzertfotos zur Verfügung gestellt hat.

Torfin Hertwig ist an der Gitarre für den Gesang zuständig, während Julius Bertram sich der Begleitung am Schlagzeug widmet. Gemeinsam produzieren sie sehr eingängigen Indie Rock (irgendwie). Der Abend wurde mit dem Song „Gipsy“ eröffnet, den ich leider wenig genießen konnte. Die Gitarre zu laut, der Gesang dumpf. Das schien auch dem Tontechniker aufgefallen zu sein, denn die Soundqualität nahm kontinuierlich zu. Ah, der kann tatsächlich was, dieser Torfin. Eine schöne Stimme, flinke Finger und interessante Texte hat er zu bieten (wobei das Songwriting laut offizieller Facebook Seite von Jann-Luca Zinser stammen). Es macht Spaß, Take a Trip zuzuhören und das Publikum hat in angemessenem Rahmen getanzt. Die Stimmung war wirklich gut. Besonders, als Torfin plötzlich ins Mikrofon lachte und berichtete, er hätte gerade zwei Songs auf der Setlist übersprungen „Na, dieses Konzert läuft ja wunderbar“, sagte er, als er dann auch noch umständlich seine Gitarre umstimmen musste. Publikum, das jetzt noch skeptisch war, wurde nur wenige Augenblicke später für die Jungs eingenommen. „Kein Stress, ich habe Feierabend“ kommt ein Ruf aus dem Publikum, woraufhin der Sänger ein leises, leicht gequältes „Ich wünschte, ich hätte auch Feierabend“ in seinen Bart murmelte. Ja, die Interaktion mit dem Publikum stimmte. Die Songs der Jungs waren gut gemischt. Mal schnell, mal ruhiger und alle mit Geschichte. Besonders still lauschte die Menge bei „Timothy“ einem Song, der für einen verstorbenen Freund geschrieben wurde. Mit Applaus und Jubelrufen wurden sie verabschiedet, nach einer guten halben Stunde Spielzeit. Und sie hinterließen das Gefühl, gut auf den Abend eingestimmt worden zu sein.

Die Setlist: Take a Trip

  1. Gipsy
  2. Girl in the nighttrain
  3. Paradise
  4. Kiss in the rain
  5. The night might take
  6. Evelyne
  7. Bitter stories
  8. Timothy
  9. Ballad of Grimaldi

Wie erwartet ging der Umbau ausgesprochen schnell vonstatten. Die Vorband räumte mithilfe ein paar Roadies ihr Equipment von der Bühne und die Jazz Kids trugen zeitgleich Dinge nach oben, die vorher keinen Platz fanden. Nach nur einer knappen viertel Stunde begannen sie zu spielen. Der kleine Mann in Weste hatte mittlerweile ein perfekt sitzendes Sakko inklusive Einstecktuch übergeworfen und wurde euphorisch von der Menge begrüßt. Direkt der erste Song, „In dieser Stadt“ von Hildegard Kneef verdeutlichte, was uns dieser Abend bringen würde. Und es würde ganz sicher kein Jazz werden. Nein, vielmehr erwarteten uns leicht düstere Chansons gepaart mit einer Indie Rock Attitüde. Klingt komisch, ist aber wirklich gut. Ich stehe eigentlich nicht so sehr auf deutsches Songwirting, aber die Stücke aus der Feder Schillings sind nicht so platt wie viele der in den aktuellen Charts zu findenden, sondern erzählen Geschichten, regen zum Nachdenken an und erzeugen hier und da Gänsehaut. Die Einflüsse der Band sind vielfältig. Nick Cave, natürlich. Dazu gesellen sich Element of Crime, Tom Waits und Rio Raiser. Klar, dass dieser (nicht ganz so) bunte Mix auch ein breit gemischtes Publikum anzog. Von Jungs in kurzen Hosen und Bommelmützen über die klassischen Fangirls bis hin zu Anzugträgern war alles dabei. Auch alterstechnisch. Ein Phänomen, das ich sehr spannend fand.

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Spannend war es auch, der Band auf der Bühne zuzusehen. Tom Schilling ist ein wahres Energiebündel. Er kann nicht stillstehen. Selbst bei ruhigeren Liedern wie „Kinder“ oder der Ballade von „Rene“ wippt er mit, dreht sich mal hierhin, mal dorthin. Bei den schnellen Tönen dreht er sich immer wieder zu seiner Band und tanzt. Irgendwo zwischen Flummi und Headbanging, selten im Takt. Aber das muss ja auch nicht. Irgendwann war ihm so warm, dass er – begleitet von den obligatorischen „Ausziehen“-Rufen – sich seines Sakkos, der Weste und Krawatte entledigte. Die Mädels im Saal tobten. Tom bewies Humor, als er sich schließlich an den obersten Hemdknopf griff, einen Moment dort verharrte und mit einem verschmitzten Zwinkern „Nah, das muss reichen…“ ins Mikrofon grinste und stattdessen seine Hemdsärmel aufrollte (was in meinen Augen der Inbegriff von Sexy ist). Womit wir auch schon bei den Musikern an sich wären. Ich war und bin nachhaltig beeindruckt von ihrer Leistung. Natürlich, es handelt sich bei den Jazz Kids um einen Zusammenschluss professioneller Vollblutmusiker, die damals für den Soundtrack zu „Oh Boy“ zusammengecasted wurden. Trotzdem war das Zusammenspiel bemerkenswert. Die Gitarrensoli waren mitreißend, der Bass eine eingängige Begleitung. Besonders bemerkenswert finde ich allerdings den Pianisten. Der hatte seine Augen an diesem Abend nämlich überall, außer auf den Tasten. Verrückt. Schilling selbst ist definitiv nicht der beste Sänger, aber er hat eine angenehme Stimme und, was noch viel wichtiger ist, eine ansteckende Leidenschaft für die Musik. Das merkt man und das macht Lust auf mehr. Auch beim Publikum. So gab es zwei Zugaben, nachdem die Band die Bühne zum ersten Mal verlassen hatte und sogar noch eine dritte, als die Rufe nach mehr laut wurden. Letztere trug den Titel „C2H6O“ und sprach dem Alkohol zu. Ich glaube, das gehört zum Musiker-Dasein einfach dazu. Während des Songs ging eine Flasche Vodka erst bei der Band um und wurde anschließend ins Publikum gegeben und kam tatsächlich leer bei uns an. Knapp anderthalb Stunden dauerte dieser Spaß und ließ ein gutes Gefühl zurück. Es war großartig!

Setlist: Tom Schilling & The Jazz Kids

  1. In dieser Stadt
  2. Weiß, Rot, Schwarz
  3. Julie
  4. In diesem Jahr
  5. Ja oder Nein
  6. Rasterlyaev
  7. Kinder
  8. Kein Liebeslied
  9. Genug
  10. Draußen am See
  11. Rene
  12. Der Turm stürzt ein
  13. Ein Junge
  14. Kalt ist der Abendhauch
  15. Schwer dich zu vergessen
  16. Das Lied vom einsamen Mädchen
  17. C26HO

 

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