Liebe Leser,

Foto: Martha Kitzbichler
voller Tatendrang begannen wir im August diesen Jahres die ersten Lesungen zum neuen Stück des Dead Parrot Theatre. Nach der Schauerkomödie „Irrlichter“ der letzten Saison hat sich das Ensemble um Autor und Regisseur John Schöllgen dieses Mal an ein ernsteres Thema gewagt – natürlich nicht ganz ohne Augenzwinkern. In „Rudolf – Im Schatten des schwarzen Vogels“ wird die Geschichte des Österreich-Ungarischen Thronfolgers aufgegriffen und erzählt. 2014 jährt sich die Tragödie von Mayerling nämlich zum 125. Mal. Ein Anlass, den tragischen Doppel-Selbstmord Rudolf und Marys genauer zu beleuchten.
Natürlich bin ich wie immer, wenn es um die Produktionen des Dead Parrot Theatre geht, nicht wirklich objektiv. So ist das eben mit Produktionen in denen man selbst mitwirkt. Die Inhaltsangabe des Stücks liest sich allerdings wie folgt, ganz objektiv:

Foto: Martha Kitzbichler
Wien, 1889. Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn erlebt unter Kaiser Franz Joseph eine letzte Blüte. Doch die goldverschnörkelte Fassade bröckelt. Unter dem Sahnehäubchen der Kaisermelange rumort es. Kronprinz Rudolf, des Kaisers einziger Sohn und Erbe, erkennt, dass nur ein Kurswechsel die Zersplitterung des Vielvölkerstaates verhindern kann. Offen aussprechen darf er es nicht. Zur Untätigkeit verdammt, treibt Rudolfs Schattenseele ihn an, insgeheim neue Wege zu gehen – ein Seiltanz am Rande des Hochverrats. Quälend langsam reift die Erkenntnis, dass er nicht nur politisch auf verlorenem Posten kämpft. So betäubt er sich mit Sex, Drugs & Rock’n‘Roll, bis eine Sehnsucht in ihm unbändig stark wird: die Sehnsucht nach dem großen schwarzen Vogel. Doch wagt er nicht, den letzten Schritt allein zu gehen. Da trifft er auf die siebzehnjährige Baronesse Mary Vetsera …

Foto: Frauke Struchmann
Klingt spannend, nicht wahr? War es auch. Das fing schon beim Bühnenbild an. Liebevoll gestaltet, gemalt und geklebt von Frauke Struchmann, wurden die verschiedenen Drehelemente genutzt um das Publikum in Windeseile von Schönbrunn in den Salon der Frau Wolf oder das Büro des Premierministers Eduard Taaffe (eindrucksvoll gespielt von Jan Stöcker) zu entführen. Unterstrichen wurde die jeweilige Lokalität durch ein Bild an der Wand, gerahmt in vergoldetem Bauschaum. Durch Frauke Struchmanns kreative Ader und John Schöllgens klare Vorstellungen wurde die kleine Bühne effektiv genutzt.

Foto: Martha Kitzbichler
Schauspielerisch brilliert hat natürlich das ganze Ensemble. Dennoch sind auch hier einige Mitglieder besonders hervor zu heben. In der Titelrolle, als Rudolf, glänzte Marc-Oliver Teschke. Der Düsseldorfer Schauspieler zeigte seine Qualitäten erst kürzlich als Hamlet und zeigt auch als Rudolf facettenreich gefühlvoll den langsamen Zerfall des jungen Thronfolgers. An seiner Seite Bronwen Davies als Kronprinzessin Stefanie, die hinter einer resoluten Fassade eine verletzte und verletzliche junge Frau zeigte, die in ständiger Konkurrenz zu den ständigen Mätressen ihres Gemahls steht. Eine von ihnen: Mizzi Caspar. Elisabeth Mader porträtiert die Edelprostituierte gut gelaunt und charismatisch, weiß jedoch auch in dramatischen Momenten zu überzeugen. Den letzten Weg geht jedoch eine ganz andere mit ihm. Mary Vetsera (Désirée Malethan), wesentlich jünger als Rudolf, glüht für ihn wie keine zweite. Unschuldig mädchenhaft wird sie von ihrer Cousine in die Wiener Gesellschaft eingeführt und steuert mit rasanter Geschwindigkeit auf ihren Untergang zu. Und über allem, beziehungsweise in allen Szenen, schwebt die Schattenseele. Gespielt von Tanja Emmerich ist dieser Charakter immer in Rudolfs Nähe und maßgeblich an seinem Zerfall beteiligt. Und immer schwingt ein leicht drohender Unterton mit, ein Blick, der nur ein bisschen zu intensiv war oder ein scharfes Wort, das Rudolf näher an den Abgrund bringt, der ihn verschlingen wird. In einer spannend choreografierten Konfrontation kommt das geballte schauspielerische Talent der beiden Darsteller zum Tragen.

Foto: Martha Kitzbichler
Doch auch die Nebenschauplätze und kleinen Rollen boten Platz für große Leistungen. So sorgte Brikena Ahmetaj als leicht überdrehte Gräfin Larisch für mehr als einen Lacher. Ebenso wie Finn-Niklas Reimers, der als übereifriger Kronprinz und später Kaiser Wilhelm von Deutschland II im Salon der Frau Wolf die Wahl zwischen französischer und russischer Dirne gekonnt seinen „Pillemann entscheiden“ und das Ganze typisch Preußisch in einem Zwei-Fronte-Krieg enden ließ. Der Autor und Regisseur John Schöllgen ließ es sich ebenfalls nicht nehmen, einer seiner Figuren Leben einzuhauchen. Er verkörperte imposant das Landesoberhaupt höchstselbst und war – jedes Mal mit passendem Bart – als Kaiser Franz-Josef zu sehen. Ich könnte zu jedem weiteren Ensemblemitglied ebenfalls eine Fülle von Worten finden, doch dann würde dieser Artikel endlos werden.
Ich denke, ihr könnt euch vorstellen, was ich sagen möchte. „Rudolf – Im Schatten des schwarzen Vogels“ ist absolut sehenswert. Die nächste Gelegenheit ergibt sich vermutlich im März 2015, doch darüber werde ich euch rechtzeitig auf dem Laufenden halten.
Viele Grüße,
Auri der Theatergeist
Nachdem ich die ersten Aufführungen somit verpasst habe, wäre ich über einen Hinweis wann und wo die nächste Vorstellung im März stattfindet sehr dankbar! Nach der Kritik wäre ich gerne mit dabei!
Oh, das freut mich sehr zu hören! Spielort wird vermutlich wieder Düsseldorf sein, ein genaues Datum steht allerdings noch nicht fest.
Liebe Suzy,
wie versprochen hier das Update. Rudolf wird das nächste mal am 09. und 10. April aufgeführt. Eine Spielstätte kann ich dir gerade noch nicht nennen, mein Regisseur hüllt sich in Schweigen. Aber es wird auf jeden Fall in Düsseldorf sein 🙂 Würde mich freuen, dich dort zu sehen.
Liebe Grüße,
Auri